In der Debatte ums Bürgergeld agiert Arbeitsminister Hubertus Heil mit sozialdemokratischem Tunnelblick. Angesichts von milliardenschweren Mehrausgaben braucht es bessere Antworten.
Kann es einen guten Populismus geben, inmitten von viel schlechtem Populismus? Ja, das kann es. Und in der aufgeregten Debatte über das Bürgergeld lohnt es sich, das eine und das andere auseinanderzusortieren.
Gestartet war das Bürgergeld als großes Versprechen für mehr Fairness gegenüber Menschen, die in eine schwierige Lebenslage geraten sind. Daraus geworden ist ein weit verbreiteter Eindruck: Da ist etwas aus dem Lot geraten. Wo verläuft für den Staat die Grenze zwischen Großzügigkeit und Sich-für-dumm-verkaufen-lassen? Und wie viel Großzügigkeit kann das Land sich in schwierigen Zeiten leisten?
Zu oft bügeln Arbeitsminister Hubertus Heil und mit ihm der rot-grüne Teil der Koalition Fragen wie diese mit dem Hinweis ab, wer arbeite, habe immer mehr als jener, der vom Bürgergeld lebe. Das ist sachlich richtig. Aber es gehört schon auch ein sozialdemokratischer Tunnelblick dazu, nicht einsehen zu wollen, dass sich das Störgefühl von immer mehr Menschen so einfach nicht wegerklären lässt.
Das Störgefühl ernst zu nehmen, es nicht einfach zur Herzlosigkeit zu erklären, das ist Populismus im guten Sinne. Und deshalb braucht es wieder mehr Härte gegenüber den tatsächlich Arbeitsunwilligen, ein Nachsteuern bei den Sanktionsmöglichkeiten. Wer nicht wegschaut, wo Menschen den Sozialstaat ausnutzen, der stärkt die Hilfsbereitschaft der Solidargemeinschaft für jene, die tatsächlich unverschuldet in Not sind.
Mit Vertrauensvorschuss und auf Augenhöhe auf Menschen zuzugehen, die für ihren Lebensunterhalt (zeitweilig) nicht selbst sorgen können, ist der richtige Ansatz – gegenüber jenen, die ihr Bestes tun. Der Staat darf sich aber gegenüber allen anderen nicht dümmer stellen, als er ist.
Es gibt in der Debatte einen blinden Fleck
In jedem Supermarkt, in jeder Tankstelle wird Personal gesucht. Gleichzeitig leben Millionen Menschen, die grundsätzlich sehr wohl arbeiten könnten, vom Bürgergeld. Das ist Kern des Störgefühls. Und es ist der große sachliche Unterschied zu den Debatten der frühen Hartz-IV-Jahre, die in Zeiten der Massenarbeitslosigkeit geführt wurden.
Quelle : Tagesspigel